„Die Kinder streiten schon wieder“ schießt es mir durch den Kopf, als ich das Geschrei aus dem Kinderzimmer höre.
Geschwisterstreit Nummer 8 heute und gefühlt reiht sich ein Geschwisterstreit an den anderen.
Es gibt sie, diese Tage an denen Geschwister einfach nicht mit - oder nebeneinander spielen können, ohne sich zu streiten.
Diese Rangeleien um ein Spielzeug, ein Buch, Mama´s Aufmerksamkeit, Mama´s Schoß, etwas zu essen usw. raubten mir an manchen Tagen meine letzten Reserven – nicht zuletzt, weil Geschwisterstreit so unglaublich laut ist (zumindest bei uns!).
Streitende Kinder gehört zur Kindheit
„Das Streiten gehört zur kindlichen Entwicklung“ meldet sich meine Vernunft zu Wort. Ich weiß, dass Kinder unglaublich viel mit ihren Geschwistern lernen – auch das Streiten, Ausdiskutieren, Lösungen finden und Kompromisse eingehen.
Trotzdem sind streitende Kinder anstrengend für die Eltern, weil das Erlernen dieser soziale Fähigkeiten GANZ viel Übung benötigt. Das heißt: Eltern werden den Geschwisterstreit nicht so schnell wieder loswerden und sie brauchen Zeit, um ihren Kindern bei der Lösung des Konflikts zur Seite zu stehen.
(Nebenbei erwähnt: Auch Konflikte mit dir gehören zur Kindheit dazu. Konflikte mit Kindern entspannen findest du auch hier)
Streit Kinder: Warum Geschwister deine Unterstützung beim Streiten brauchen
Im Streit stehen Kinder so unter Strom, dass sie gar nicht dazu in der Lage sind, in dem Moment noch nach Lösungen zu suchen (zumindest die jüngeren Kinder). Sie werden von ihren Gefühlen überrollt und können ihre Gefühle nur noch ausleben.
Deshalb bin ich so glücklich, eine Methode gefunden zu haben, die meinen Kindern beim Streiten hilft, aus dieser verzweifelten, wütenden Gefühlslage rauszukommen. Sie hilft meinen Kindern, sich bei Streitigkeiten schneller zu beruhigen, sodass wir zum konstruktiven Teil – das Finden einer Lösung – übergehen können.
(Nebenbei erwähnt: Was du tun kannst, um die Geschwisterbeziehung zu stärken, findest du hier. Und wie du den Zusammenhalt bei Geschwistern förderst, findest du hier.
Kinder streiten nur: Die 3 Schritte zum Beruhigen
Deine Kinder streiten nur und es wird dir zu viel? Diese Methode ist einfach, schnell anwendbar und beruhigt die Gemüter deine Kinder:
Kinder streiten - Gefühle benennen
Wenn der Geschwisterstreit ausgebrochen ist und Weinen, Verzweiflung oder Wut die Folge ist, dann konzentriere ich mich zuallererst auf die Gefühle meiner Kinder. Ich gebe das Gefühl jedes Kindes wieder (welches ich erspüre oder vermute)
„Du bist richtig wütend, weil…“
„Du bist so traurig, weil…“
Wenn Kinder streiten wollen sie verstanden werden
Wenn das Wiederspiegeln der Gefühle angekommen ist (Kind nickt dazu oder sagt selbst, was es fühlt), gebe ich meinem Kind die Bestätigung, dass es o.k. ist, diese Gefühle zu haben: „Ja, das kann ich verstehen, dass du wütend bist“
Dadurch fühlt sich das Kind angenommen mit seinen Gefühlen und verstanden. Außerdem fühlt es, dass es nun nicht mehr alleine ist mit seinen starken Gefühlen.
Kinder beruhigen
Danach schaue ich, ob Körperkontakt (über Kopf streicheln, Rücken streicheln, Kuscheln) erwünscht ist und tröste entweder mit einer Umarmung, Kuscheln, Streicheln oder mit leisem Sprechen – so lange, bis die Emotionen draußen sind und das Kind/die Kinder sich beruhigt haben.
Dadurch werden sich die (lautstarken) Emotionen beruhigen.
Danach fällt es allen Beteiligten wieder leichter, nach einer Lösung zu suchen, die für alle passt.
Mit dieser kleinen Methode sind die lauten Geschwisterstreitigkeiten meiner Kinder erträglich geworden. Weil die Lautstärke nur eine kurze Zeit bestehen bleibt und wir danach zum Lösungen suchen übergehen können.
Das kann zwar auch seine Zeit in Anspruch nehmen – bis eine Lösung gefunden wird, die für beide annehmbar ist – aber das ist für mich nicht mehr schwierig, weil die Lautstärke weg ist.
Wenn du wissen willst, wie ich bei der Lösungsfindung detailliert vorgehe, dann schaue hier vorbei: Geschwister streiten
Ich habe das Gefühl, dass wenn sich meine Kinder von mir verstanden und angenommen fühlen (durch die oben erwähnten 3 Schritte) sie sich leichter tun, eine Lösung zu finden oder gar einen Kompromiss einzugehen!
Kinder streiten ständig - Eskalation vorprogrammiert
Deine Kinder streiten ständig? Dann ist es nur eine Frage der Zeit, dass du es nicht mehr schaffst, rechtzeitig mit dem 3-Schritte-Plan zu beruhigen, weil du einfach zu spät dazu kommst.
Wenn der Streit schneller in Schlagen oder Schubsen eskaliert als du Beruhigen kannst, dann versuche Folgendes:
Kinder streiten sich: Was du bei Schlagen tun kannst
Gehe sofort zwischen deine Kinder. Dein Körper trennt die beiden streitenden Kinder.
Erklärung dazu:
Ich greife in Geschwisterstreit ein, wenn Geschlagen, Geschubst oder andere Handgreiflichkeiten verwendet werden, weil die Kinder nun einen Stresspegel erreicht haben, der zu hoch ist, um noch selbständig eine Lösung zu finden.
Kurz und klare Ansage an sich streitende Kinder
"Hör sofort auf zu schlagen, das tut weh. Ich sehe, du bist wütend"
Erklärung dazu:
Bei "Hör sofort auf..." stehe ich schon zwischen den streitenden Kindern und helfe evtl. mit sanftem aber bestimmten Festhalten des Armes, dass es aufhört zu schlagen.
"...das tut weh"
Das sage ich deshalb, dass es nicht nur eine Aufforderung bekommt zum Aufhören, sondern auch einen Grund, weshalb es nicht schlagen darf. Kurz und knackig - das es auch bei erhitzten Gemütern ankommt.
"Ich sehe, du bist wütend"
Mit diesem Satz spiegle ich meinem Kind wider, dass ich es wahrnehme, dass ich seine Gefühle sehe und verstehe und ich helfe ihm dabei, das intensive Gefühl, das es fühlt zu benennen.
Wenn die erste Wut vorbei war, dann habe ich des öfteren zum Kind, das geschlagen hatte, gesagt: "Schau mal in das Gesicht deiner/s Schwester/Bruders, wie geht`s ihr/ ihm jetzt?" (oder "wie fühlt er sich jetzt?" oder "Schaut er jetzt traurig oder fröhlich aus?")
Das habe ich gemacht, um meinen Kindern einen Einblick in die Gefühlswelt des anderen zu gewähren. Erst im Alter zwischen dem sechsten und siebten Lebensjahr schaffen es Kinder, sich wirklich in einen anderen hineinzuversetzen. Durch diesen kleinen Einblick jedoch haben meine Kinder für kurze Zeit mit dem anderen mitgefühlt (nicht jedes Mal) und haben kurz erkannt (leider nicht auf Dauer), dass es nicht schön ist für den anderen, Geschlagen zu werden.
Ganz oft wird bei dieser Herangehensweise der Schlagen-Impuls bei Wut gestoppt. Jedoch gibt es zu beachten, dass der Grund des Geschwisterstreits deswegen nicht aufgelöst wurde.
Deshalb empfiehlt es sich gleich im Anschluss - oder auch schon nach dem Satz "Ich sehe, du bist wütend" mit dem Finden einer für beide Kinder annehmbaren Lösung zu beginnen. Ansonsten kann es passieren, dass der Schlagen-Impuls sofort wieder da ist, weil das Ärgernis nicht weggegangen ist.
Wie du mit deinen Kindern Lösungen findest, die Konfliktanzahl verringerst und die Geschwisterbeziehung stärkst, findest du hier.
Exkurs Leserfrage: Mein Kind (6) kann/will sich nicht entschuldigen. Die Regeln des Zusammenlebens in der Gesellschaft beinhalten jedoch das Entschuldigen. Hast du eine Idee, wie ich mein Kind dafür sensibilisieren kann?
Im ersten Schritt - also nach unangebrachtem Verhalten - würde ich dem Kind folgendes sagen: „Ich finde es jetzt angebracht, dass du dich für (das Verhalten benennen) entschuldigst!“
Dadurch hast du Stellung bezogen, dass sein Verhalten für dich nicht akzeptabel ist und trotzdem baust du keinen Zwang auf, dass sich dein Kind unter Druck entschuldigen muss.
Auch wenn sich dein Kind dagegen entscheidet und sich nicht entschuldigt (was sehr wahrscheinlich ist), ist deine Botschaft angekommen.
Danach wendest du dich dem Geschädigten zu und entschuldigst dich ggf. für das Verhalten deines Kindes und gehst dann sofort dazu über, wie du dem Geschädigten helfen bzw. etwas wieder gutmachen kannst.
Beispiel: Hat dein Kind jemanden umgeschubst, dann hilfst du ihm auf, fragst, ob bzw. was ihm weh tut. Bietest ihm ein Pflaster an…
Das tust du, damit die Aufmerksamkeit weg geht von deinem Kind und hin zum Geschädigten.
Dafür habe ich zwei Gründe:
Am Abend oder einige Zeit später kannst du versuchen, ein Gespräch über diese Situation zu führen und zu schauen, ob du herausfindest, warum dein Kind das gemacht hat. Welches seiner Bedürfnisse ist unerfüllt geblieben und hat ihn veranlasst, sich so zu verhalten?
Wenn du fündig wirst, dann könnt ihr darüber sprechen, welche alternativen Handlungsweisen es noch gibt, um sich dieses Bedürfnis zu erfüllen.
Kinder streiten um Spielzeug: Leserfragen beantwortet
Frage: Mein Großer (3) nimmt dem Kleinen ständig das Spielzeug weg. Wie soll ich damit umgehen, wenn Kinder um Spielzeug streiten?
Für die Kleinkinder dreht sich die Welt nur um sie. Das heißt, wenn sie mit dem Auto des Geschwisterchens spielen möchten, nehmen sie es einfach weg. Gerade bei jüngeren Geschwistern, die es noch nicht verteidigen können, sind sie mit dieser Strategie sehr erfolgreich.
Es ist keine böswillige Absicht, sondern nur ein Beachten der eigenen Bedürfnisse. ("Ich will mit dem Auto spielen").
Manchmal kann noch ein wenig Konkurrenz dahinter stecken, wenn das Geschwisterkind für das Spielen mit einem Gegenstand gelobt wurde z.B. "dein Becherturm ist ganz schön hoch geworden!" Es könnte sein, dass dann das große Kind auch zeigen möchte, dass es einen ebenso hohen oder noch höheren Turm bauen kann.
Wenn Kinder Spielsachen wegnehmen, versuche ich, sie auf die Reaktion des anderen Kindes aufmerksam zu machen - es für die Gefühle des Gegenübers zu sensibilisieren.
Je nach Alter des Kindes muss das Einfühlungsvermögen in einen anderen erst noch reifen. Reaktionen wie Weinen, Gesicht verziehen, trauriger Blick werden jedoch sofort verstanden - auch von Kleinkindern - wenn sie wahrgenommen werden. Dabei helfe ich:
Wenn es schon zum richtigen Geschwisterstreit kommt - also der Kleine sich zu wehren beginnt und die Gefühle überlaufen, dann kann dir Geschwister streiten weiterhelfen.
Frage: Wie soll ich reagieren, wenn Kinder z.B. auf dem Spielplatz in einen Konflikt geraten, weil sie streiten um Spielzeug?
Wenn du die Mutter des anderen Kindes kennst, dann würde ich Blickkontakt aufnehmen und schauen, ob ihr beide erst mal nur beobachtet und den Kindern somit die Chance gebt, den Konflikt selbst zu lösen.
Je nachdem, wie groß der Altersabstand zwischen den beiden ist, muss abgewägt werden, ob nicht die Mutter des jüngeren Kindes zumindest nahe zum Kind hin geht und von dort aus beobachtet.
Kennst du die andere Mutter nicht, dann musst du für dich abwägen, ob du erst mal nur beobachtest und in Kauf nimmst, dass die andere Mutter evtl. gleich einschreitet oder ob du diejenige sein willst, die dem Konflikt beisteht.
Sollten die Kinder die Streitigkeiten nicht selbst bewältigen und es beginnt zu eskalieren, dann kannst du versuchen, ob ihnen diese Streitbegleitung hilft.
Beispiele, wenn ich eingreife:
Werden die Grenzen meiner Kinder überschritten und merke ich an deren Reaktion, dass sie sich jetzt mit dieser Situation überfordert fühlen, dann greife ich ein. Z.B. bei mutwilliger Zerstörung eines Sandbauwerkes durch ältere Kinder.
Sollte ein Kind auf dem Spielplatz dein Kind schlagen, dann würde ich eine klare Ansage machen "Stop, hör auf zu schlagen!" und mich dabei zwischen die beiden stellen und dann könntest du je nach Situation (z.B. dein Kind hat zuvor das andere Kind geärgert) bei der Vermittlung helfen.
Zum Thema Entschuldigen:
Eine Entschuldigung des "Angreifer-Kindes" oder eine generelle Entschuldigung beider würde ich nicht einfordern, denn oft tut es dem Kind in dem Moment nicht leid, dass es sich gewehrt hat und dabei dem anderen Kind mit der Sandschaufel weh getan hat. Mit einer Entschuldigung zwingst du dein Kind zu lügen. Jedoch könntest du zum anderen Kind sagen: "Es tut mir leid, dass du die Schaufel auf die Finger bekommen hast! Tut es noch weh?" und zeigst damit deinem Kind, wie man damit umgehen kann, wenn man im Streit einem anderen weh getan hat.
Weitere Elternfragen zum Thema "Geschwister" werden hier von mir beantwortet.
Weil man ja nicht immer sofort in Reichweite ist, wenn die Kids zu Hauen und Schubsen beginnen, gabs bei uns noch ein paar „Kampfregeln“ wie nicht ins Gesicht schlagen oder nicht auf jemanden schlagen, der eh schon auf dem Boden liegt. Manchmal war das, was für mich ganz schrecklich nach Schlägerei ausgesehen hat, für die Mädels nur Spaß. Da musste aber klar sein, aufhören, wenn einer nicht mehr mag.
lg, Vera
„Kampfregeln“ – das ist eine gute Idee! Mal schauen, wie ich das für meine beiden umsetzen könnte :-)
Diese Tipps hätte ich gerne gehabt, als meine Kinder klein waren. Ich hab sie mir auch erarbeitet, weil meine große Schubser waren ;-)
LG
Ilse
Hallo Ilse,
„waren“ klingt gut, dann ist diese Phase für dich schon abgeschlossen :-)
LG
Petra